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AI Art – Der Anfang vom Ende oder eine Chance?

Es war ein Abend, kein besonderer, wo ich mir für eine Planung für ein Bild mal wieder Inspiration im Internet suchte. Die bevorzugte App, die ich gerne nutze, heißt Pinterest, die viele wahrscheinlich auch kennen und gerne nutzen.

Dort habe ich einen Ordner – oder eher eine „Pinnwand“, wie man es dort auch nennt – wo ich meine ganze Inspiration hineinpacke. Teilweise um diese auch zu malen oder weil sie mir einfach gefallen.

Da passierte es: Ich fand immer mehr diese Bilder die denselben Stil hatten, der mir sehr gefiel. Nach dem fünften gepinnten Bild entschloss ich mich dann, dazu zu recherchieren, von wem überhaupt diese Kunst ist. Doch anstatt auf eine Person zu stoßen, stieß ich auf einen Twitter-Account, der bekannt dafür ist, sogenannten „AI Content“ zu retweeten und damit zu verbreiten. Der Begriff „AI Art“ war mir davor schon bekannt, jedoch kannte ich die Anfänge davon, die noch nicht so gut aussahen.

Die Anfänge

1960

AI Art ist schon viel älter, als man glaubt; die Anfänge sind in auf das Ende der 60er Jahre rückzuführen. Das erste bedeutsame KI-Kunstsystem ist ARRON. Dieses Programm wurde von Harold Cohen entwickelt. Sein Hauptgedanke dabei war es, den Ablauf des Zeichnens zu entschlüsseln und zu reproduzieren. Diese Bilder sind jedoch eher abstrakte minimale Darstellungen, kein Vergleich zur heutigen, sehr detaillierten KI-basierten Kunst. Cohen erstellte diese teilweise, um sie dann weiter zu nutzen.

1980

Damals begann der Versuch der sogenannten Algorithmischen Kunst, die als Ansätze in Arbeiten eingearbeitet wurde. Dafür wurde ein Algorithmus programmiert, um verschiedenste Kompositionen zu erstellen, die auf mathematischen Prinzipien basierten. Für viele Künstler*innen gingen viele neue Türen auf, da sie auf eine neue Weise künstlerisch gestalten konnten.

Durch diese Entwicklung entwickelte sich das maschinelle Lernen. Mithilfe der Verwendung von neuronalen Netzwerken konnten Künstler*innen  Bilder erzeugen, die durch Datenmengen und Trainingsansätze entstanden. Dadurch wurden Bilder erschaffen, die eine Bandbreite von Details beinhalten, die von menschlichen Künstler*innen nur mit höchster Expertise erreicht werden würde.

Heute

KI-basierte Kunst hat sich in den letzten Jahren derartig weiterentwickelt, dass sogar sogenannte Kollaborationen entstanden, an denen menschliche Künstler*innen mit der KI zusammenarbeiten. Diese nennt man auch „hybride Kunst“; durch dies werden die menschliche Kreativität und die künstliche Intelligenz kombiniert.

Kritik

Die Entwicklung dieser KI passiert sehr intensiv. Dadurch entstehen auch zumeist eher hitzige Diskussionen, die nach Antworten der ethischen und sozialen Fragen suchen. Das Urheberrecht spielt eine treffende Rolle, damit zukünftig Künstler*innen, die nur ihre eigenen Mittel nutzen, womöglich nicht zu kurz kommen. Dennoch gibt es viele Künstler*innen, die bestrebt sind, die KI-Kunst zu intrigieren und den Dialog über die möglichen Auswirkungen dieser Entwicklungen zu suchen.

Viele Künstler*innen, die nicht auf der Seite dieser Entwicklung stehen, benutzen oft deren Argumentation, dass diese Art der Kunst geklaut sei. Ab wann dies der Fall ist, erscheint nur noch umso komplexer.

KI-Kunst = geklaute Kunst?

Ab wann etwas als geklaut gilt, ist oft sehr komplex und hängt oft von den verschiedensten Faktoren ab; dazu kommen natürlich rechtliche, ethische und kulturelle Aspekte. Per Definition bezieht sich „klauen“ als Beispiel aufs unerlaubte Kopieren, Verwenden oder Nutzen von Eigentum von einer anderen Person; dies geschieht natürlich ohne deren Erlaubnis.

Im rechtlichen Sinne hängt der Diebstahl vom bestimmten Land ab und ist schwierig auf KI-Kunst anzuwenden, da diese Form abhängig ist von ihren Gesetzen. Das heißt, aus rechtlicher Sicht wäre es kein Diebstahl, würde es diese Gesetze nicht geben.

Kommen wir deswegen zur ethischen Sichtweise. Diese sprechen viele besorgte Künstler*innen an. Ob KI-Kunst moralisch ist, fragt man sich. Denn oft werden Kunstwerke erstellt, die vom Stil einem bestimmten oder mehreren berühmten Künstler*innen ähneln. In der heutigen Zeit ist es sogar möglich, das Programm derart zu programmieren, dass Bilder erstellt werden, die den Stil eines Künstlers imitieren. Betroffene Künstler*innen beschweren sich und fragen, ob dies fair sei und ob dadurch ihre künstlerische Integrität angegriffen werden würde. Die Rechtslage ist für die  Künster*innen nicht eindeutig, obwohl das Problem nicht neuartig ist.

Das bedeutet, solange KI-Kunst sich an die geltenden Gesetzen hält, handelt es sich nicht um einen Diebstahl. Jedoch kann die ethische Sicht trotzdem kritisch betrachtet werden.

Kontroversen

Als Fallbeispiel dafür, wann KI eher moralisch als schwierig eingeordnet werden kann, ist der Fall Kim Jung-gi zu nennen. Er ist ein bekannter Sketch-Künstler, der für seine traditionelle Kunst eine große Fangemeinde hat. Als dieser am 3. Oktober 2022 an einem Herzinfarkt verstarb, hatte schon drei Tagen nach seinem Tod ein gewisser KI-Entwickler ein System entwickelt, das den Stil des Künstlers kopiert. Die Verbliebenen reagierten mit Bestürzung darüber, wie so etwas moralisch vertretbar sein kann, da diese Versionen auch genutzt werden können, um Profit aus dem Verstorbenen zu schlagen.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/ki-kunst-kuenstler-100.html

Auswertung

Diese Entwicklung zeigt, dass sich vieles auf dem Arbeitsmarkt ändern wird. Schon heute kann man sagen, welche Berufe bedroht sein werden und welche nicht. Und es sind nicht nur Künstler*innen wie zum Beispiel Kim Jung-gi, sondern eine Bandbreite verschiedener Berufe. Laut einer Auswertung wurde eine Tabelle erstellt mit Berufen, die wenig bis gar nicht bedroht sind, und mit Berufen, die bedroht sind. Anbetracht der Tabelle zeigt sich, dass überwiegend körperliche Arbeit nicht betroffen, beziehungsweise sicher ist. Fachpersonal hingegen, das für den Beruf an die Uni gegangen ist, ist sehr bedroht. Es ist durchaus verständlich, wie bedrückend es sein kann, dass man mehrere Jahre für seinen Beruf an die Uni gegangen ist, um nachher potenziell in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr gebraucht zu werden.

Persönliche Ängste als Gestalterin/Künstlerin

Als Künstlerin und zukünftige Gestalterin bin ich eher zwiegespalten, wenn es um dieses Thema geht. Einerseits freue ich mich auf diesen technischen Fortschritt und denke mir, ich als Künstlerin vor allem könnte davon profitieren, da ich mir zum Beispiel perfekte Referenzen selber programmieren könnte. Dies könnte mir und anderen helfen, ihre Grenzen zu überschreiten und viel leichter einzigartige Werke zu erschaffen; jedoch bin ich auch sehr besorgt.

Wie viel Wert hat in Zukunft die Originalität der Kunst?

Ich meine, wieso sollten sich bestimmte Kund*innen meine Bilder kaufen, wenn sie sich selber in Zukunft ihre Bilder programmieren und sich dadurch den Algorithmus so erstellen, dass mein Stil „kopiert“ wird? Ich glaube, dass es irgendwann einfacher wird, dass sich jede*r solche Bilder leichter generieren kann und dies dadurch vielleicht Überhand gewinnt. KI-Kunst sehe ich vor allem kritisch, weil viele Betrachter*innen, die diese Bilder bewundern, oft die zweite Ebene der Kunst vergessen, dass Künstler*innen ihre Kunst nutzen, um ihre Art von Stimme zu nutzen. Denn natürlich können diese Algorithmen Trends erkennen und diese reproduzieren. Geht nicht auch diese Einzigartigkeit der menschlichen Kreativität verloren? Dabei glaube ich leider, dass in unserer kapitalistischen Welt dieser Gedanke nicht besonderen viel Wert hat. Wenn man die Option hat, einfache ästhetische Bilder schnell  zu erschaffen, wählt eine Firma wohl eher den Weg, Arbeitskräfte zu sparen.

Zu guter Letzt meine Sorge als Gestalterin: Ich habe mich damals zu dieser Ausbildung entschieden, da ich meine kreativen Fähigkeiten nutzen wollte – aber was bringt es, diese Fähigkeit zu besitzen, wenn diese Funktion maschinell übernommen wird?  Es ist oft so in der Weiterentwicklung, dass manche Berufe zurückbleiben. Die Vorstellung macht mir und allen anderen, die kreative Berufe ausüben oder ausüben wollen, Angst. Ich möchte nicht das Opfer von der Effizienz einer Maschinenleistung sein, jedoch sehe ich auch nicht ein, meine kreative Ader ganz aufzugeben oder zu ignorieren.

Abschlusswort

Insgesamt bin ich überaus besorgt wegen dieser Entwicklung, dass ich als Künstlerin nicht mehr erkennen kann, wenn etwas von einer Maschine kam oder vom Menschen. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, diese Entwicklung sorgsam zu beobachten und die Auswirkungen auf die Künstler*innen in Betracht zu ziehen. KI soll ein Werkzeug sein, um unsere Visionen zu erweitern, anstatt sie vollkommen zu ersetzen, denn so verlieren wir die Einzigartigkeit der Kunst und damit auch einen wichtigen Teil unserer Menschlichkeit.

Text: Ann-Kristin Mirbach, BGG21

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