Spooky Horror Monster Movie Show
Die Entwicklung der Grusel- und Horrorfilme im 20. Jahrhundert
Einführung
Hexen, Dämonen, Monster und Gespenster – Personifizierungen des Bösen und des Unbekannten. Die Menschen gaben ihren Ängsten seit jeher Gestalt, sei es in Form von Erzählungen oder als bildliche oder figürliche Darstellungen. Sie sollten fassbarer gemacht werden.
Doch nicht nur in grauer Vorzeit oder im Mittelalter fand eine Verarbeitung des Unerklärlichen statt. Mit der Einführung des Films wurden Kreaturen und Gefühle der Furcht auf Leinwand gebannt. Dabei gab es im Laufe des letzten Jahrhunderts verschiedene Ansätze in der Umsetzung dieser Themen.
Die Anfänge
Bereits vor Einführung des Tonfilms wurden Geister und unheimliche Geschichten über Schattenwesen für das Kino verarbeitet. So ließen deutsche Stummfilme wie Der müde Tod (1921) und Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (1922) Geister erscheinen und einen Vampir die Welt in Angst und Schrecken versetzen. Schon damals stand eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, um eine fremdartige Atmosphäre zu schaffen. Transparenzeffekte machten Darsteller zu Gespenstern und fremdartige Bühnenbilder ließen eine eigene Welt des Schreckens entstehen. Kreative, kontrastreiche und durch Licht und Schatten bestimmte Fotografie tat ihr Übriges.
Diese Filme zeichneten sich durch ihre ungewöhnliche Umsetzung aus, die sie von anderen Filmgenres deutlich abgrenzte. Man erhielt den Eindruck, man tauche in eine andere Realität ein.
Universal
Der deutsche Immigrant Carl Laemmle gründete 1912 die Filmfirma Universal. Er und weitere Beteiligte von Übersee gaben später, unter Einfluss der frühen Stummfilme, der amerikanischen Filmszene ihre ersten prominenten Filmmonster.
Im Jahr 1931 wurden mit Frankenstein und Dracula gleich zwei Meilensteile des Gruselfilms geschaffen. Die Darstellung der Kreatur Frankensteins mit seinem eckig geformten Kopf wurde hierdurch zum typischen Bild, welches wir bis heute von dem Monster haben. Und auch Dracula bekam ein neues Erscheinungsbild: von seiner furchterregenden Darstellung in Nosferatu zu einem gefährlichen Gentleman mit einer verheerenden Vorliebe für Frauenhälse.
Nach dem ersten Frankenstein-Film folgten die Fortsetzungen Bride of Frankenstein (1935) und Son of Frankenstein (1939). Die Ursprungsgeschichte wurde fortgesetzt und die Präsenz der Monster in der Filmwelt wurde gefestigt. Zudem begann man damit, die berühmten Geschöpfe gemeinsam auftreten zu lassen. Frankenstein meets the Wolfman (1943) verband zwei Handlungsstränge miteinander, wo die beiden Wesen für einen finalen Kampf aufeinandertrafen. All dies kann als der Beginn von Horror-Franchisen ansehen werden.
Universal prägte das Bild von Dracula, Frankensteins Monster, der Mumie und dem Wolfsmenschen. Schauspieler wie Boris Karloff (Frankensteins Monster) oder Bela Lugosi (Dracula) erhielten Kultstatus und wurden mit ihren Rollen unmittelbar in Verbindung gebracht. Es ging in diesen Filmen um menschliche Wesen, viele mit tragischen Vorgeschichten oder mit Gefühlen, die die vielen Verhaltensmuster und Ängste der Menschen widerspiegelten.
Val Lewton
In den 40er-Jahren entstanden die Werke des amerikanischen Filmproduzenten Val Lewton. Filme wie Cat People (1942) und I Walked With A Zombie (1943) präsentierten geisterhaft erscheinende Folklore und Aberglauben. Voodoo, geheime Sekten und Kulte fanden einen Platz in dieser Phase. Diese Filme versetzten die Kinobesucher durch ihre stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Fotografie und den geschickten Einsatz von Geräuscheffekten in eine beängstigende Atmosphäre. Das Rätselhafte nahm in den Spielfilmhandlungen Einfluss auf den Alltag der Protagonisten und beeinflusste ihre Schicksale.
Als Abschluss dieser Phase könnte man den erst 1957 erschienenen Film Night of the Demon bezeichnen. Erneut wurden unheimliche gestalterischen Mittel gewählt, mit dem Unterschied, dass diesmal ein konkretes Monster auf der Leinwand in Erscheinung trat.
William Castle
Doch auch auf reiner Unterhaltungsebene wurden Schauergeschichten präsentiert. Ein Spezialist auf diesem Gebiet war William Castle. Er stattete seine Filmvorführungen mit sogenannten Gimmicks aus, die auf die Zuschauer live einwirken konnten.
Einer seiner bekanntesten Filme ist The Tingler (1959). Er handelt von einer Kreatur, ähnlich einem Tausendfüßler, die sich durch aufgestaute Angst an der Wirbelsäule der betroffenen Menschen entwickelt. Nur Schreie können es besiegen. Und so ließ Castle die Sitze in Kinosälen manipulieren, sodass die Zuschauer bei jedem Erscheinen des Tinglers leicht durchgerüttelt wurden. Somit wurden sie in die Handlung intergiert und Teil des Geschehens.
Der Erfindungsreichtum Castles war unerschöpflich. So erschien den Kinozuschauern beim Schauen seines Films House on Haunted Hill (1959) ein Skelett im Saal und in 13 Ghosts (1960) bekamen Besucher eine Brille, mit der man die Geister auf der Leinwand für sich sichtbar oder unsichtbar machen konnte.
Er vermarktete seine Filme durch clevere, humorvolle Trailer und war als Präsentator seiner Werke stets präsent. Die Vorführungen seiner Filme erinnerten an Besuche einer Geisterbahn, mit dem Ziel, sich zu erschrecken und dabei Spaß zu haben. Die Filme von William Castle sind ein perfektes Beispiel dafür, wie das Übersinnliche als unterhaltsames Event umgesetzt werden kann.
Der britische Horrorfilm
Ende der 50er-Jahre bestritt die britische Filmfirma Hammer neue Wege. Mit ihren beiden Filmen The Curse of Frankenstein (1957) und Dracula (1958) schrieb sie ein neues Kapitel in der Geschichte des Gruselfilms und starteten, wie einst Universal in den USA, ihre eigenen Filmreihen.
Diese Filme wurden von Anfang an in Farbe gedreht und erhielten hierdurch bereits ein anderes Erscheinungsbild. Oftmals im historischen Ambiente gestaltet, bedienten sie sich einer düsteren, teils theaterhaften Atmosphäre. Die Geschichten wurden weniger subtil dargestellt, es floss mehr Blut. Die Filme wirkten moderner und an ein Publikum gerichtet, das sich nicht vor in Entsetzen geratenen Protagonisten und Gewaltdarstellungen scheute. Der Gothic Horror nahm Gestalt an.
Durch diese Filme wurden Schauspieler wie Christopher Lee (Dracula) und Peter Cushing zu Ikonen dieses Genres und in die Ahnengalerie des Horrorfilms aufgenommen. Bis zum Ende der 1970er liefen die Filme aus dem Hause Hammer erfolgreich weiter und erweiterten ihre Geschichten mit Auftritten der klassischen Monster in der damaligen Gegenwart. So trieb Dracula beispielsweise in London sein Unwesen, als sich die Mode hin zu Schlaghosen und Miniröcken gewandelt hatte. Dadurch verloren die Filme allerdings einen Teil der Ernsthaftigkeit, die die früheren Produktionen ausmachte.
Giallo und der Weg zum modernen Horrorfilm
Durch die konkretere Darstellung von Gewalt in den Filmen der Firma Hammer wurde der Weg für Giallo geebnet – ein italienisches Sub-Genre des Horror-Thrillers. Ab den 60er-Jahren prägten eine Handvoll Regisseure, insbesondere Mario Bava, diese filmische Richtung maßgeblich. Es kamen ungewöhnliche, teils farbliche Lichtgestaltungen und klaustrophobische Kameraeinstellungen zum Einsatz. Die Geschichten handelten in den meisten Fällen von Serienmördern, deren Taten auf Basis psychischer Störungen geschahen. Heftige Gewaltszenen wurden offen auf der Leinwand ausgetragen und hierbei fast mit einer Selbstverständlichkeit dargestellt. Die Filme zeigten von nun an „menschliche Monster“ anstelle von Darstellern in Make-up und auch keine Geister, die im Zimmer erscheinen.
Giallo gilt als Vorläufer des Slasher-Films. Spätere Filme wie John Carpenters Halloween (1978) oder Child’s Play (1988), die Geburtsstunde der Mörderpuppe Chucky, verliehen dem Horror-Genre nach und nach das Erscheinungsbild, das wir heute von diesen Filmen kennen.
Schlusswort
Horrorfilme sind zu einem selbstverständlichen Teil der Filmindustrie geworden. Vom subtilen Grusel mit der Darstellung von Monstern und Gespenstern bis hin zu psychologischem Horror und der Angst vor Mördern, die im Dunkeln ihre Opfer heimsuchen. Die Verarbeitung des Unheimlichen nahm viele Gestalten an, doch eines blieb bis heute erhalten: Ein Empfinden zwischen Angst und Faszination. Dieses emotionale Gleichgewicht lässt die Schauergestalten des Kinos weiterleben.
Simon Cilleßen
Erläuterung zum Titelbild (von links nach rechts)
- Ganz links: der Vampir Nosferatu aus der Originalverfilmung von 1922
- Links oben: der Dämon aus Night of the Demon
- Links unten: William Castles „Ghostviewer“: Schaut man durch das blaue Sichtfenster, so sieht man die Geister nicht, schaut man durch das rote Sichtfenster, so werden die Geister sichtbar
- Mitte: Dracula der Hammer-Studios
- Rechts: ein typisches Motiv des Giallo
- Ganz rechts: Frankensteins Monster anno 1931
Quellen:
https://www.monstercomplex.com/blog/complete-universal-monsters
Bild: Simon Cilleßen
