|

Geht es um Meinungsvielfalt oder um die eigene Meinung? 

Immer wieder kommt ein Skandal rund um die öffentlichen-rechtlichen Medien auf. Das Ablehnen des „Establishments“ geht fast immer einher mit der Abkehr vom öffentlich finanzierten Medienangebot. Begriffe wie „Zwangsgebühr“(Aussage von Martin Erwin Renner, AfD im DTB) „linke Propaganda“ oder „Gendererziehung“ werden immer häufiger im alltäglichen Diskurs. 

Aber sollte es diese Neutralität überhaupt geben oder kann man sich nur durch den Diskurs von Meinungen eine eigene bilden? Und wer bestimmt das Bild, das vermittelt wird? 

Die Kritik kommt häufig eher vom konservativen bis rechten Milieu. Aussagen wie „Der ÖRR hat alle Hemmungen verloren. Er macht seit Jahrzehnten unterschwellig PR für rot-grün.“ (Thorsten Alsleben auf X, ehemals Twitter) machen klar, auf welchem Niveau sich die Debatte bewegt. Lange geht es in der Debatte nicht mehr um die bestmöglichen Informationen für die Bevölkerung, sondern auch darum, die Medien zu diskreditieren und sein eigenes Feindbild von Links-grün in den Mainstream zu treiben. 

Doch wie lässt sich diese politische, teils populistische Debatte vom Kernthema der Meinungsvielfalt einschätzen? 

Durch die starke Segmentierung ist eine Verallgemeinerung des ÖRR schwierig, da die einzelnen Formate und Regionalsender teils stark variierende Inhalt zeigen. 

In einer Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz („Fehlt da was? Perspektivenvielfalt in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformaten 2024“) wurden die Nachrichtenformate der öffentlich-rechtlichen Medien und vergleichbarer privater Formate auf Themen, Perspektiven- und Akteursvielfalt untersucht. 

Dabei wurde zum einen festgestellt, dass viele der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformate leicht links von der Mitte einzuordnen sind. Gleichzeitig haben aber auch viele private Anbieter eine ähnlichen Tendenz.  
Die Themenauswahl und die darin gesetzten Schwerpunkte sind laut der Studie nahezu identisch in öffentlichen und privaten Medien. 

Doch wie kommt es dann, dass der ARD-Akzeptanzstudie 2025 zufolge nur 44% der Befragten das Gefühl haben, die ARD gebe Menschen wie ihnen eine Stimme? 

Eine mögliche Antwort wäre, dass es durch den generellen gesellschaftlichen Rechtsruck die Wahrnehmung gibt, dass die Meinung der Bevölkerung nicht mehr vertreten wird. Nur ist die Lösung hier nicht, die Meinung des ÖRR anzupassen und dafür zu sorgen, dass sich die Haltungen weiter festigen und somit die Gesellschaft in eine rechte Spirale fällt. Es sollte eher so sein, dass durch investigativen und handwerklich korrekten Journalismus den Menschen ein Ort gegeben wird, sich zu informieren.

Dabei ist natürlich niemand fehlerfrei oder kann seine Arbeit von seinen eigenen Meinungen komplett trennen, was dazu beiträgt, dass alleine demographisch bedingt (viele Journalist*innen sind gebildet, jung, häufig aus dem Westen) eine gewisse Tendenz in Richtung linker Politik gegeben ist. 

Der ÖRR wird nicht nur in Hinblick auf sein Informationsangebot kritisiert. Häufig steht auch das Unterhaltungsangebot in der Kritik. 

Ein häufiger Kritikpunkt ist der, dass diese Unterhaltung von jedem bezahlt werden muss, unabhängig von der Nutzung. So gibt es beispielsweise 39 Staffeln vom Traumschiff, finanziert durch die Rundfunkgebühren. 

Doch aus meiner Sicht bietet auch das Unterhaltungsprogramm mehr als nur Entertainment, es bietet die Chance zur sozialen Teilhabe in der Gesellschaft. 

Zum Vergleich: Wenn eine neue Star-Wars-Serie auf privaten Streaming Anbietern erscheint, reden viele Leute darüber. Vielleicht ist das gerade der Hype in deiner Freundesgruppe – ABER du hast kein Abo bei dem Anbieter und kannst nicht mitreden.  

Das wird mit dem ÖRR umgangen: Jedes Kind, egal, woher es kommt oder welche Dienste die Eltern abonniert haben, kann „Die Pfefferkörner“ schauen; genauso wie jede Person im Rentenalter „Das Traumschiff“ schauen und sich dann in ihren sozialen Gruppe dazugehörig fühlen und mitreden kann. 

Als Fazit würde ich behaupten, dass die öffentlich-rechtlichen Medien in mehr Aspekten als reinen Fakten betrachtet werden sollten. Somit sollte es nicht nur um möglichst geringe Gebühren oder ein auf Nachrichten fokussiertes Angebot gehen, sondern vielmehr sollten auch Soft-Faktoren wie die Zuverlässigkeit dieser Medien, die soziale Gleichheit, die diese schaffen, und auch die plural vertretenen Meinungen berücksichtigt werden.  

Leif Voigt 

Quellen:

https://www.researchgate.net/publication/377721606_Fehlt_da_was_Perspektivenvielfalt_in_den_offentlich-rechtlichen_Nachrichtenformaten

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw38-de-aktuelle-stunde-oerr-910820 (Zugriff 19.11.25) 

https://www.ard.de/die-ard/presse-und-kontakt/ard-pressemeldungen/2025/04-10-ARD-Akzeptanzstudie-2025-ARD-erreicht-deutlich-mehr-junge-Menschen-100/ 

https://www.zdf.de/serien/das-traumschiff-104 

Fotos:

https://pixabay.com/de/photos/fernsehen-alt-erinnerungen-zeit-7687881

Post auf X nicht mehr auffindbar  

Ähnliche Beiträge